Otto Herbert Hajek hat mit der "Stadtikonographie mit Stadtzeichen und Wasserflächen" den Synagogenplatz (ehemals Viktoriaplatz), einen der größten Plätze in der Mülheimer Innenstadt, in eine streng geometrische Struktur gebracht.
Von der Schossstraße am unteren Ende des Platzes bis zur Wallstraße am oberen Ende verläuft der Platz leicht ansteigend. Hajek nutzte diesen Umstand, indem er terassenartige Pflanzbecken und Elemente anlegte. Aus den gestalteten Bodenornamenten erheben sich, vorwiegend im Dreieck gebildet, die einzelnen Stufen. In der Mitte erhebt sich aus einer aluminiumfarbenen Rautenform eine „Säule“. Diese wird aus drei liegenden Buchstaben V gebildet; das mittlere um 180 Grad zu den beiden anderen gedreht. Die V-Form leitet sich vom ursprünglichen Namen des Platzes ab: Viktoriaplatz.
Die weiteren Stufen haben in ihrer Mitte jeweils einen Wasserauslass. Der Wasserstrahl erhebt sich nur zu kleinen Fontänen. Das fließende Wasser benetzt und bedeckt die horizontalen Flächen.
Die umliegenden Bodenflächen sowie die einzelnen Betonelemente sind in den Grundfarben Gelb, Rot und Blau abwechselnd eingefärbt, so dass sich eine optische Rhythmisierung der Fläche ergibt.
Am Rand stehen Quaderelemente als Sitzmöglichkeiten, die ebenfalls rautenförmig sind. Die mit Betonrändern eingefassten Pflanzbeete sind Teil der Gesamtgestaltung.
Der Künstler Otto Herbert Hajek (*1927 in Kaltenbach/Böhmen, +2005 in Stuttgart) gehört mit seinen informellen Plastiken und Farbwegen zu den bedeutendsten Bildhauern in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wie kein anderer Künstler zuvor widmete er sich seit den 1970er-Jahren der Gestaltung unserer Städte.
Hajeks Kunst führt in eine eigene Welt der Zeichen und Begriffe: Als Raumknoten, Raumartikulationen, Raumschichtungen, Farbwege, Stadtzeichen, Denkzeichen und Mahnmale benannte der Künstler seine Plastiken, die er stets kommunikativ auf den umgebenden Raum und den Betrachter ausrichtete. Sein künstlerisches Konzept beruht dabei auf einfachste Grundelemente: So beschränkt sich Hajek neben den geometrischen Grundformen wie Dreiecke, Kreise, Rauten, Würfel und Rechtecke auf die Primärfarben Rot, Gelb und Blau, die jedoch in scheinbar unendlichen Variationen miteinander kombiniert werden.
Als wesentliches Beispiel seiner Kunst im öffentlichen Raum gilt Hajeks Stadtikonographie mit Stadtzeichen, Sitzlandschaft und Brunnenanlage (1976/1977) auf dem Synagogenplatz in Mülheim an der Ruhr. 1976 schrieb die Stadtsparkasse gemeinsam mit der Stadt Mülheim an der Ruhr einen begrenzten Wettbewerb aus, um Mülheims größten innerstädtischen Platz zu einem Ort mit Verweilqualitäten umzugestalten. Bis dahin war der damalige Viktoriaplatz ein beliebter Parkplatz. Die Vorgaben des städtischen Hochbauamtes, eine Brunnenanlage im oberen Bereich des Platzes, umgeben mit Bepflanzung, Sitzbankgruppen, Grünbepflanzungen und Kinderspielecken sowie an der unteren Ecke eine Plastik zu konzipieren, erfüllte Hajeks Entwurf in allen Punkten. Von fünf Bewerbern ging er somit als Sieger hervor. Otto Herbert Hajek berücksichtigte bei seiner Planung den gesamten, leicht ansteigenden Platz mit der vorgegebenen Struktur des Straßenpflasters. Darin ist die Brunnenanlage mit Hajeks unverwechselbaren Formensprache und Farbgestaltung stufenweise eingebettet. Die stille Wasserfläche ist als ein liegendes Reliefgemälde zu verstehen, das vom Medienhaus aus in Gänze zu sehen ist. Das monumentale Stadtzeichen in der Mitte des Platzes weist mit seinen Ausläufern in alle Richtungen und trägt die Farben, die von der metallisch-glänzenden Oberfläche reflektiert werden, in den Raum.
Weitere Platzgestaltungen von Otto Herbert Hajek finden sich im australischen Adelaide (1973 - 1977), vor der Oberpostdirektion in Düsseldorf (1973 - 1977), dem Mineralbad Leuze in Stuttgart (1979 - 1983), in Ankara (1992 - 1994) und vor der Stuttgarter Sparda-Bank (1998 - 1999). (ABK)
Die Platzgestaltung wurde nach einem beschränkten Wettbewerb an Otto Herbert Hajek vergeben. Schon zur Eröffnung des Platzes hörte man kritische Stimmen in der Bevölkerung, die von dieser abstrakten, starkfarbigen Gestaltung in ihrer bisherigen Auffassung von Kunst irritiert wurden. Bis heute sind positive und negative Stimmen zur Platzgestaltung in der Öffentlichkeit zu hören. Daher stammt auch die so zahlreiche Berichterstattung in den Medien. Die Benutzer des Platzes fühlen sich teilweise gestört, weil eine Begehung des Platzes nur am Rand möglich ist. Die eigentliche Wahrnehmung der künstlerischen Gestaltung wird selten thematisiert. Das optische Phänomen, dass bei Veränderung seiner Position auf dem Platz zum Beispiel rautenförmige Objekte zu scheinbar quadratischen werden, wird nicht unbedingt rezipiert. (GR)
Dieses Kunstwerk sucht noch einen Paten.
Links
[1] https://geo.muelheim-ruhr.de/kunst/hajek_otto_herbert/675417
[2] http://redaktion-muelheim.blogspot.com/2012/10/die-20-offentlichen-brunnen-der-stadt.html
[3] https://www.kunstgebiet.ruhr/kunstformen/skulpturen/stadtikonographie-mit-stadtzeichen-sitzlandschaft-und-brunnenanlage/
[4] https://www.monopol-magazin.de/kurbad-k%C3%B6nigstein-im-brutalismus-planschen
[5] tel:+492084554105
[6] mailto:Barbara.Walter@muelheim-ruhr.de